top of page
AG "Klimakrise und psychische Gesundheit"
im Fachverband der DGIP

Psycholog*innen, Berater*innen und gerade Psychoanalytiker*innen haben sich lange Zeit in politischen Diskussionen zurückgehalten. Die Individualpsychologie war aber schon immer eine Wissenschaft, die das Gesellschaftliche mit reflektiert: „Mit ihrer Zielsetzung des Wohles der Allgemeinheit“ setzt die Individualpsychologie darauf, dass jeder, der mitarbeitet an der Lösung von „Schwierigkeiten des Lebens, in ihm selbst und außerhalb seiner Person entstanden, … sich auf dieser armen Erdkruste sozusagen zu Hause fühlen (wird)“ (Alfred Adler Studienausgabe, Bd. 6. 1933 / 2008, S. 221). Im therapeutischen Handeln besteht selbstverständlich weiterhin die Verantwortung, einen Raum zur Verfügung zu stellen, der unbewusste Prozesse des Seelischen verstehen hilft. In gesellschaftlicher Hinsicht stehen wir jedoch vor der Verantwortung, unseren fachlichen Beitrag zu leisten, Bedingungen für gesunde Entwicklungen zu benennen. Dazu gehört auch eine ausreichend gesunde Mitwelt. Die Klimakrise ist ein psychischer Belastungsfaktor, der reflektiert und in theoretischer und praktischer Hinsicht einbezogen werden muss.

​

​

​

​

​

​

​

​

​

​

​

​

 

Es gibt mindestens drei Ebenen, auf denen Therapeut*innen und Berater*innen mit der Klimakrise konfrontiert sind:

 

Da ist zum Ersten die Rolle als sozialer Bürger, soziale Bürgerin, Vater, Mutter usw. In dieser Rolle berührt uns besonders die Frage, wie wird eigentlich die Welt unserer Kinder aussehen? Was hinterlassen wir, welche Welt ist wahrscheinlich, wenn es der Menschheit nicht gelingt, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken? Mit welchem Recht erlauben wir uns – und damit sind vor allem die reichen westlichen Länder gemeint – den Planeten in dieser Weise auszubeuten und die Existenz weiterer Generationen zu gefährden? Und was macht das mit uns, wie erleben wir das, wie gehen wir selbst mit dieser Sorge um?

Natürlich betrifft uns das Thema auch als Therapeut*innen und Berater*innen, die zunehmend mit Menschen arbeiten müssen, denen diese Entwicklung Angst macht. Menschen, die sich um sich, ihre Kinder, den Planeten sorgen und in ihrer Ohnmacht verzweifeln und zusehen müssen, wie unwiderrufliche Veränderungen stattfinden. Als Therapeut*innen und Berater*innen sollten wir uns im Klaren darüber sein, dass das keine neurotische, sondern eine reale Angst ist, die auch so behandelt werden muss. Natürlich kann diese Real-Angst Menschen betreffen, die von ihrer seelischen Struktur für Ängste mehr empfänglich sind. Trotzdem muss darüber Klarheit herrschen, dass der Grund dieser Angst ein real existierender ist.

Und zum Dritten stellt es eine wichtige Aufgabe von Psychotherapeut*innen und Berater*innen dar, dass sie i.S. der Salutogenese die Menschen an den geeigneten Stellen ihre Fähigkeit, mit einem Problem umzugehen, zur Verfügung stellen. So sollten sie darüber nachdenken, wie es zu der Verleugnung der Klimakrise kommt und wie die Menschen weiterleben können as usual. Psychotherapeut*innen und Berater*innen sollten ihre Kompetenzen nutzen, sich und anderen zu einem konstruktiven Umgang mit der Krise zu verhelfen, indem sie die Spaltungsprozesse erkennen, benennen und umwandeln helfen. Sie können ermöglichen, die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die eine solche existentielle Krise auslöst, anzuerkennen und Wege zu suchen, die Menschen zu ermutigen, sich dem zu stellen und individuell und kollektiv gesünder und lebenserhaltender zu leben. Sie können sich und anderen ermöglichen, ein „atmosphärisches Bewusstsein“ (Stefan Ruf) zu entwickeln, was ein Leben im Einklang mit der Welt und der Natur ermöglicht. Sie können dazu verhelfen, ein anderes Anreizsystem zu etablieren, was nicht nur Konsum von Materiellem beinhaltet, sondern auch die Erfahrung der Gemeinsamkeit, Solidarität und Verbundenheit zu diesem Planeten.

 

Innerhalb der DGIP hat sich eine AG gegründet, die sich mit diesen Themen beschäftigt und versucht, in diesem Sinne einen Beitrag zu einer Lösung beizutragen. Bei Interesse zur Mitarbeit kann man sich für einen Kontakt bei Barbara Meerwein (b.meerwein(at)posteo.de) melden.

​

​

​

bottom of page